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Angekommen in der Fabrik - Die Vorbereitung der Tabakblätter

Teil 8 von Händen gefertigt – Das Entstehen einer Zigarre




Die Reifelagerung der Tabakblätter ist abgeschlossen. Die Bündel, in die jeweils 40 bis 50 Blätter zusammengefasst sind, müssen nun wieder aufgelöst werden. Dabei muss man sehr vorsichtig vorgehen. Auch hier sind erfahrene Hände notwendig, die wissen, wie empfindlich so ein Blatt ist. Die Blätter sind sehr trocken und können so leicht reißen oder brechen. 


Wie man sich vorstellen kann, gibt es auch hier Unterschiede in der Behandlung der verschiedenen Blattarten. Einlage- und Umblätter kommen ins Innere der Zigarre. Aussehen ist deshalb nur zweitrangig. Die Deckblätter dagegen sollen perfekt aussehen. Entsprechend sorgfältiger muss man mit ihnen umgehen. 

Schauen wir uns also zunächst die Behandlung der Deckblätter an. Ein erster wichtiger Schritt ist die leichte, möglichst gleichmäßige, auf gar keinen Fall aber zu starke Befeuchtung der Blätter. Damit möchte man das Auseinanderreißen oder Brechen der Blätter verhindern. Zu nass dürfen die Blätter aber auch nicht sein, sie sollen ja später nicht schimmeln oder ­modern. Also ist Vorsicht geboten.

Zur Bewässerung gibt es in den meisten Fabriken Kammern mit einer Benebelungs- oder Berieselungsanlage. Wichtig ist, dass die Blätter gleichmäßig feucht sind, nicht an einer Stelle sehr nass, an der anderen trocken. Auch hier muss Blatt für Blatt geschaut werden, dass die Befeuchtung an jeder Stelle eines jeden Blattes angekommen ist. Findet sich doch mal ein Wassertropfen auf der Oberfläche, wird dieser abgeschüttelt. So beugt man Wasserflecken, die man auf den Deckblättern später sehen würde, vor. 

Das Wasser lässt man eine Zeitlang eindringen. Die Blätter sind, aufgrund der Trocknung, wasseraufnahmefähig. Das dauert natürlich ein paar Tage. Dazu werden die Blätter in dafür ­speziell vorgesehene Vorrichtungen gehängt. 


Die Deckblätter werden nun ent­rippt. Wie wir bereits gesehen haben, erfolgt das Entrippen der Einlage- und Umblätter schon früher, zwischen den einzelnen Fermentationen (bei Volado- und Umblättern zwischen der ersten und zweiten Fermentation, bei den anderen Einlage-Blättern zwischen der zweiten und dritten.). Da Deckblätter viel feiner sind, werden sie nur einmal fermentiert. Ansonsten würde man sie wahrscheinlich zerstören. Erst nach Abschluss der Fermentation ist das Blatt in einem Zustand, in dem man die Hauptrippe in der Mitte des Blattes entfernen kann, ohne das Blatt kaputt zu machen. 

Und trotzdem gehört sehr viel Geschick zu diesem Vorgang. Mich erinnert dieser perfekte Handgriff immer an den Trick des Zauberers, der das Tischtuch unter den Tellern, Gläsern und dem Besteck mit einem einzigen Ruck entfernt und noch nicht mal eines der Gläser in leichte Schwingung gerät. Ich habe es nie selbst probiert (weder das Entrippen, noch den Trick mit dem Tischtuch, die Sorge um die Gläser war zu groß.) Leicht ist es sicher nicht zu erlernen, es gehört viel Übung dazu und jeder Handgriff muss perfekt sitzen, sonst ist das Blatt hin. 


Wenn die Rippe weg ist, teilt man das Blatt in zwei Hälften. Und dann ist es notwendig, jedes der Blätter glattzuziehen und aufzustapeln. Dabei erfolgt eine Qualitätskontrolle, eine Farb- und eine Größensortierung in etwa 20 verschiedene Größenklassen. 

Und an diesem Punkt kommen wir nun zu der Geschichte mit den kubanischen Jungfrauen, die die Zigarren auf ihren Schenkeln rollen. Auch auf die Gefahr hin, dass hier eine Triggerwarnung ausgegeben werden muss, weil die folgenden Inhalte sensible Menschen beeinträchtigen können, muss dieses Thema einfach angeschnitten werden. 

Also, zunächst die Schenkel: In dieser Abteilung, dem Despalillo, arbeiteten früher ausschließlich und arbeiten auch heute noch sehr viele Frauen. Sie legen, zur Unterscheidung je nach Qualität, Größe und Farbe, die Blätter in Stapeln auf ihre Schenkel. Jede der Frauen hat außerdem eine Vorrichtung zur Ablage der Blätter vor und um sich. Ich denke, diese Ablageflächen reichen nicht. Oder vielleicht liegen die Blätter auf den Schenkeln auch besonders gut. Wenn ich das nächste Mal in einer ­Fabrik bin, werde ich fragen, warum welche Blätter wohin gelegt werden. 


Tatsache ist es jedoch, dass die Zigarren nicht auf den Schenkeln gerollt werden, das macht man immer noch auf dem Tisch.


Neben den Schenkeln spielen auch die Jungfrauen eine Rolle in dieser Geschichte.  Da die Kubaner nach eigener Aussage ein sehr kommunikatives und geselliges Volk sind, gibt es meiner Schätzung nach in Kuba auch nicht wirklich allzu viele Jungfrauen. Wir können diese Geschichte, auch wenn sie schön klingt, also getrost als Märchen abtun. Sie wird trotzdem immer wieder gern erzählt.


Auch die Einlage- und Umblätter werden entbündelt und gleichmäßig befeuchtet. Man muss jedoch nicht ganz so vorsichtig sein wie bei den Deckblättern. Aber auch hier braucht es ein erfahrenes Auge und geschickte Hände, um die jeweiligen Blätter vorzusortieren.

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