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Der Zigarrenfabrikant

Die Überschrift könnte auch ein Filmtitel sein. Ein Film über eine imposante und facettenreiche Persönlichkeit, die wie keine zweite die Tabakbranche in unseren Breitengraden geprägt hat und immer noch prägt. Die Rede ist von Heinrich Villiger, gerade frische 94 Jahre jung geworden. Weltweit gefeiert und geehrt. Eine streng limitierte Sonderedition namens VILLIGER Celebration by Heinrich Villiger wurde anlässlich des Geburtstages aufgelegt und lässt die Aficionados auf genussvolle Weise daran teilnehmen.



Das Leben des Heinrich Villiger hätte wahrlich das Zeug, einen Filmhit zu landen. Schon allein die aufregende Firmengeschichte der Zigarrenmanu­faktur Villiger bietet viel Stoff rund ums braune Gold und den Macherinnen und Machern. Und eine ganze Menge Persönliches, Spannendes, Visionäres und natürlich mit Pioniergeist gepaarte Geschichte würden jeden Drehbuchautor zum Schwärmen bringen. Wäre da nicht die angenehme Zurückhaltung und die sprichwörtliche Noblesse der Familie Villiger, die lieber arbeitet, als sich zu präsentieren. Was nicht immer gelingt, denn weltweit möchte man auf die Geschichten aus dem Hause Villiger nicht verzichten. Und so musste sich auch Heinrich Villiger mehrfach „opfern“ und zierte manches Titelbild von Magazinen und Zeitungen. Er tat es stets mit Würde und immer mit einer Spur Kampfgeist, denn Tabak und ­Zigarre hält er bis heute hoch und wehrt sich gegen Verunglimpfungen à la Verbotsansinnen. 


„Wer ist der Mann,  der nicht loslassen kann?“ 


So titelte unlängst die renommierte Neue Züricher Zeitung über den Jubilar. Mag etwas despektierlich klingen, aber beruht auf der Tatsache, dass Heinrich Villiger wohl der letzte Patron seiner Art ist. Er dürfte auch der älteste Zigarrenfabrikant der Welt sein, der noch operativ tätig ist. Einige Versuche, die Unternehmensführung in jüngere Hände zu geben, scheiterten. Zudem ist sein Tabak-Wissen kaum übertragbar. Seine Passion dürfte auch einzigartig sein. Inzwischen sieht man ihn seltener in Waldshut-Tiengen, der deutschen Niederlassung  der Firma. Auch am Hauptsitz in Pfeffikon auf der Schweizer Seite sind seine Besuche sehr dosiert. Er agiert mehrheitlich von seinem Zuhause in Full-Reuenthal aus, einem Aargauer Dorf an der Grenze zu Deutschland. Seine Korrespondenz erledigt er selbst und in dem ihm eigenen Stil. Unterlagen und Briefe erreichen ihn per Firmen-Kurier, die nach persön­licher Bearbeitung durch den Patron wieder abgeholt werden und  in den Kreislauf der Kommunikation gelangen. Das klappt gut, denn seine vertrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben gelernt, seinen Fleiß und auch seinen Anspruch an Perfektion mitzutragen. Alte Schule eben, die mehr Wert auf Lösung legt, anstatt sich auf die Suche nach Problemen zu ­begeben.


Lösungen sind in der Regel das Produkt aus Kenntnissen und unbedingtem Wollen. Das wurde Heinrich Villiger bereits sehr früh nahebracht. Er hätte gerne studiert, aber der Vater Max Villiger, der selbst die familiären Grundwerte zu beachten hatte und seinen Traum von einem Leben in den USA nur kurz genießen konnte, um dann mit seinem Bruder das Geschäft in der Heimat zu übernehmen, hatte klare Pläne für den jungen Heinrich. Er sollte das Geschäft mit dem Tabak von Grund auf erlernen. Der Weg führte über Mitarbeit an US amerikanischen Tabakbörsen, Reisen nach Kuba, Santo Domingo und Puerto Rico. Er studierte so das Handwerk der Zigarrenkultur und wusste so viel, was guten Tabak ausmacht. 


Als 20Jähriger leitete er dann mit dem ­Vater den ­Familienbetrieb. Anfangs den deutschen Zweig der Firma. Sein jüngerer Bruder Kaspar Villiger, der einige Jahre  später die Verantwortung für das Schweiz-Geschäft übernehmen sollte, fügte sich ebenso der Pflicht, aber sein Weg führte dann in die ­Politik. Erst ein Sitz im Nationalrat, dann Ständerat und auf dem Höhepunkt der Karriere wurde er Bundesrat. Er trennte sich von den Firmenanteilen und Heinrich Villiger war fortan alleiniger Lenker des Unternehmens. Seinen Führungsstil setzte er selbstbewusst um. Nah bei den Menschen sein, Autorität ausstrahlen und leben, Spaß und Freude an den Dingen haben und natürlich mit eigenem Fleiß die Maßstäbe setzen, die ein erfolgreiches Unternehmen auszeichnen. Wer das kann, geht mit ihm einen gemeinsamen Weg. Wer das nicht will, der wird sich andere Perspektiven suchen müssen. Sollte Heinrich Villiger eines fernen Tages die Leitung gänzlich abgeben, so wird ­diese nicht weiter familiär verankert sein. Er hat einen Vertrag aufgesetzt, nachdem kein Familienmitglied  mehr Verwaltungsratspräsident sein dürfe, um damit Rivalität unter seinen Kindern zu verhindern. Das bedeutet aber auch, dass Heinrich Villiger der letzte Patron  sein wird und die Geschäftsführung mit der dritten Generation endet. 


Loslassen war nie so richtig sein Ding, aber Voraussicht, Vision und Perspek­tivenbildung schon. 

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